In einer Semester-Whatsapp Gruppe wurde das private Profil einer jüdischen und dozierenden
Person an der Fakultät V geteilt und als Grundlage für Diffamierungen und Beleidigungen
genutzt.
Wir verurteilen und benennen klar diesen antisemitischen Übergriff an unserer Hochschule! Die
beschämende Diskriminierung muss öffentlich genannt und thematisiert werden, denn
Antisemitismus darf keinen Platz haben – weder in der Gesellschaft noch in wissenschaftlichen
Diskursen oder an der Hochschule!
Wir möchten uns für ein friedliches Lern- und Lehrumfeld einsetzen und positionieren uns
deshalb gegen jeden Antisemitismus. Hierfür sind wir im Gespräch mit der Hochschule und
haben dem Präsidium Maßnahmen vorgeschlagen, um eine öffentliche Auseinandersetzung zu
fördern und insgesamt extreme oder pauschalisierende Debatten zu verhindern. Deshalb
möchten wir klarstellen:
Bezogen auf den Hochschulkontext ist es schließlich, bereits aus ihrer Historie heraus, die
eindeutige Aufgabe der demokratischen Studierendenvertretungen und Institutionen politisches
Engagement und Diskursräume nicht nur zu fördern, sondern sie einzufordern und damit zu
schaffen. Während sie gleichzeitig menschenverachtenden Narrativen oder Praxen
entgegenzuhalten und demokratische Diskursgrenzen verteidigen zu haben.
Angesichts dieser großen Aufgabe ist es verständlich sowie zugleich selbstkritisch fragwürdig,
dass sich nicht wenige Studierendenschaften und Hochschulleitungen dessen entziehen und
dadurch zu Verschärfungen beitragen. Selbstkritisch reflektierend war dies bisher auch auf die
verfasste Studierendenschaft zutreffend.
Doch das Mindeste ist eine deeskalierende Auseinandersetzung, in der jeder Antisemitismus
abgewehrt und der Schutz jüdischer Kommilitoninnen und Dozierenden gewährleistet wird. Eine kritische Auseinandersetzung, in der antimuslimischer Rassismus keinen Platz hat und muslimische Kommilitoninnen nicht unter Generalverdacht gestellt werden. In der Protest wichtig ist, der aber nicht von Gruppen außerhalb der Universitäten und Hochschulen instrumentalisiert werden darf.
Eine Auseinandersetzung, in der ASten und damit auch wir, uns nur hinter studentischen
Protesten stellen können, wenn diese keinen Antisemitismus verbreiten oder antisemitischen
Charakter innehaben, was sich klar definieren lässt.
In der nicht die Polizei oder zu ordnungsrechtlichen Maßnahmen aufgerufen wird, solange keine
antisemitischen Parolen verbreitet oder der Ruf nach einem zusätzlichen palästinensischen
Staat zur Leugnung des Existenz- und Verteidigungsrecht Israels führt. Solange zivile Opfer nicht
relativiert werden oder Kritik an der israelischen Regierung in eine Täter-Opfer-Umkehr endet. In
der Forderungen nicht auf Gewalt, sondern auf Menschenrechten basieren. In der gewaltloser
Protest Bedingung ist und direkte Angriffe auf jüdische Studierende sowie Dozierende
grundsätzlich und insbesondere an unserer Hochschule niemals geduldet und deshalb
sanktioniert werden müssen. Eine Auseinandersetzung, in der Solidarität nur dann gelebt
werden kann, wenn sie nicht einseitig ist.
Wenn Proteste antisemitisch sind, lässt sich ihre Unzulässigkeit gut durch eine treffende
Stellungnahme des AStA der Universität Frankfurt begründen:
„Solche Kundgebungen und Demonstrationen delegitimieren sich aus zwei Gründen selbst:
Einerseits, weil der berechtigte Wunsch nach Frieden für die Zivilbevölkerung im Nahen Osten
eben nicht mit der Unterstützung der Hamas kompatibel ist. Andererseits, weil Veranstaltungen,
von denen derartige Parolen ausgehen, eine konkrete Bedrohung für Juden und Jüdinnen vor Ort
darstellen. Wenn von Veranstaltungen, Strukturen und Einzelpersonen am Campus
Bedrohungen, Beleidigungen und Einschüchterungsversuche für jüdische Kommilitoninnen ausgehen, delegitimieren diese sich selbst.“
Dasselbe gilt für unsere Hochschule. Dabei tragen Polizei und Exmatrikulationen nicht zu einer Deeskalation bei, weil sie keine Prävention ersetzen – sie dürfen erst die letzte Konsequenz sein. Es muss mit Monitoring-Stellen zusammengearbeitet werden und statt Pauschalisierungen benötigt es dringend wissenschaftliche Bildungsveranstaltungen zu israelbezogenem Antisemitismus sowie Antisemitismuskritik und Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Darüber hinaus braucht es begleitete Diskursräume und die Reflexion des eigenen Antisemitismus, da nur so Entgrenzungen entgegengetreten, Kolonialismus-Vorwürfe wissenschaftlich diskutiert und klare Bedürfnisse empathisch miteinander adressiert werden können.
Daran anschließend stehen wir hinter der Positionierung des freien zusammenschluss von student:innenschaften: „Antisemitismus wird nicht dadurch bekämpft, dass wir einzelne Menschen exmatrikulieren, im Zweifel wird das Problem nur außerhalb der Hochschulorte verlagert, Menschen radikalisieren sich aufgrund der Erfahrung oder kehren einfach auf den Campus zurück um Hass und Hetze zu verbreiten. Dies gilt aber nicht nur für Antisemitismus sondern auch Rassismus, Sexismus, sexualisierte Gewalt, Ableismus und vieles mehr. Es ist ein gefährlicher Irrglaube, dass es Hochschulen diskriminierungs- oder gewaltfreier machen würde. Stattdessen ist es nur ein weiterer Anstieg des autoritären Charakter, den Hochschulen erfahren. Die Türen, die wir hier einer rechtskonservativen Regierung öffnen, werden sich nicht mehr schließen lassen. Durch Aufklärungsarbeit, Informationsangebote und emanzipatorische und dem 21. Jahrhundert entsprechende Antidiskriminierungsstellen können wir Diskriminierung und Gewalt entgegenwirken.“
Ohne Diskurs stirbt Demokratie und ohne Grenzen tut sie es auch! Doch zuallererst und als wichtigste Grundlage dürfen weder verbale noch physische Angriffe auf jüdische Kommilitoninnen oder Dozierende wieder an dieser Hochschule stattfinden. Dies hat oberste Priorität!
Quellen:
Position freier zusammenschluss von student:innenschaften e.V.
https://www.fzs.de/2024/05/13/positionierung-zum-ordnungsrecht-an-hochschulen-2/
Statement AStA Uni Frankfurt:
https://asta-frankfurt.de/2024-05/asta-statement-zu-antisemitismus-am-campus